„Ich bin da.“ – Was wir uns so sehr wünschen und was uns so oft fehlt
- Marie Swoboda
- Jul 16
- 4 min read
Es gibt Tage, da läuft alles.
Du wuppst deinen Alltag, kümmerst dich um deine Arbeit, um die Kinder, deine Tiere, um den Haushalt, um dich selbst.
Du bist zuverlässig, stark, empathisch – jemand, auf den andere sich verlassen.
Eine dieser Frauen, die man bewundert, weil sie „alles so gut im Griff“ hat.
Und oft stimmt das auch. Du hast es irgendwie im Griff.
Aber manchmal – da ist da so ein Moment.
Ein leiser, kleiner Moment, vielleicht nur ein paar Sekunden lang.
Ein Moment, in dem du dir wünschst, dass jemand einfach sagt:
„Ich bin da.“
Nicht, weil du zusammenbrichst. Nicht, weil du nicht klarkommst.
Sondern einfach, weil es schön wäre. Heilsam. Wohltuend.
Weil du gerade nicht stark sein willst. Sondern gehalten.
Früher war da jemand – oder?
Als Kind war „Ich bin da“ etwas, das für viele von uns ganz selbstverständlich war.
Unsere Eltern haben sich gekümmert. Sie haben uns versorgt, beschützt, gehalten.
Wenn wir hingefallen sind, wurden wir getröstet.
Wenn die Welt zu groß war, haben sie sie für uns kleiner gemacht.
Wenn wir geweint haben, war da jemand, der uns gehalten hat – oder zumindest da war.
Und dann vergeht die Zeit.
Und plötzlich sind wir erwachsen. Die Rollen verschieben sich.
Die Eltern, die früher stark waren, brauchen nun selbst Halt.
Wir kümmern uns. Wir organisieren. Wir springen ein.
Und manchmal fühlt es sich an, als hätten wir etwas verloren:
Diese bedingungslose Sicherheit, die sagt: „Ich bin da – egal, was ist.“
Die Sache mit den Partnerschaften
Und dann schaut man sich um.
Sieht andere Frauen, die scheinbar in glücklichen Beziehungen leben.
Partner, die die Kinder mit ins Bett bringen, den Haushalt miterledigen, nachfragen, wie es einem geht.
Menschen, die halten. Menschen, die präsent sind.
Und manchmal fragt man sich:
Ist das echt – oder sieht es nur von außen so aus?
Manchmal ist es wirklich so, klar.
Aber oft ist das, was man sieht, eine Momentaufnahme.
Ein Bild auf Social Media. Eine Szene auf dem Spielplatz. Ein Gespräch im Café.
Die Wahrheit ist:
Viele Frauen, die stark wirken, tragen diese stille Sehnsucht in sich.
Nicht nach einem „Retter“. Nicht nach einer klassischen Rollenverteilung.
Sondern nach diesem einen Menschen, der einfach sagt:
„Ich sehe dich. Ich halte dich. Ich bin da.“
Diese eine kleine Stelle in uns
Ich kenne diesen Punkt gut.
Vielleicht kennst du ihn auch.
Du hast alles im Griff.
Und doch gibt es da diesen einen kleinen wunden Punkt in dir –
eine Stelle, die sich manchmal leer anfühlt,
die nicht laut ruft, sondern ganz leise fragt:
„Ist da jemand?“
Und dann schüttelst du dich, atmest tief durch,
machst weiter, funktionierst, machst’s dir schön.
Weil du kannst. Weil du’s gewohnt bist.
Und trotzdem: Diese Sehnsucht bleibt.
Und sie ist nicht falsch.
Sie ist nicht kindisch. Sie ist menschlich.
Der eigene Halt – und trotzdem die Sehnsucht
Ich glaube fest daran, dass wir lernen dürfen, uns selbst zu halten.
Dass wir selbst zu dieser inneren Stimme werden können, die sagt:
„Ich bin da. Für dich.“
Dass wir uns selbst in den Arm nehmen können.
Nicht als Ersatz für andere – sondern als erste Quelle.
Als liebevolles, starkes Gegenüber für das kleine verletzliche Ich in uns.
Manchmal stehe ich morgens vorm Spiegel, lege mir eine Hand aufs Herz
und sage leise:
„Ich bin da. Ich sehe dich. Ich halte dich.“
Und es hilft.
Und trotzdem bleibt manchmal die Sehnsucht.
Nach einem Gegenüber, das nicht du selbst bist.
Nach einem Menschen, der dich sieht – ganz.
Nicht nur in deiner Stärke, sondern gerade in deiner Verletzlichkeit.
Und weißt du was?
Das ist okay.
Diese Sehnsucht macht dich nicht schwach.
Sie macht dich menschlich.
Sie macht dich fühlend.
Sie macht dich echt.
Du bist nicht allein
Wenn du dich in diesen Worten wiedererkennst –
wenn du diese stille Sehnsucht kennst,
dann will ich dir sagen:
Du bist nicht allein.
Ich weiß, wie es ist, wenn man funktioniert, lacht, hilft, da ist –
und sich trotzdem manchmal wünscht, dass jemand einfach sagt:
„Ich bin da. Ich halte dich.“
Ich weiß, wie es ist, wenn man sich nach einem Gespräch sehnt,
das nicht lösungsorientiert ist,
sondern einfach zuhörend.
Nach einem Blick, der nicht bewertet,
sondern versteht.
Und ich weiß auch, wie viel Kraft darin liegt, sich das selbst zu schenken –
aber wie schön es wäre, wenn man es nicht immer alleine müsste.
Ein kleiner Impuls zum Schluss
Vielleicht magst du dir heute selbst eine Minute nehmen.
Die Augen schließen.
Eine Hand auf dein Herz legen.
Tief atmen.
Und dir sagen:
„Ich bin da. Ich sehe dich. Ich halte dich.“
Und wenn Tränen kommen, ist das okay.
Wenn nichts kommt, ist das auch okay.
Du musst nicht perfekt fühlen.
Du darfst einfach da sein – für dich.
Und du darfst dir wünschen, dass da jemand ist.
Du darfst dich nach Nähe sehnen, nach echtem Halt.
Denn du bist nicht allein mit dieser Sehnsucht.
Wir sind viele.
Und manchmal beginnt genau dort Verbindung:
Wo eine von uns sagt:
„Ich verstehe dich. Ich sehe dich. Ich bin da.“
Die Tränen sind schon beim Lesen gekommen. Deine Worte treffen genau den Punkt. Ich bin mir sicher, es geht vielen anderen genauso. Danke für die schönen deutlichen Worte, die erkennen lassen aber auch Mut geben.