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Warum ich ein Schwein habe – und was das mit meinen Traumata zu tun hat

Auf dem Foto siehst du Freddy. Er wohnt jetzt bei mir. Es war nicht geplant. Echt nicht.


Wie alles anfing: Von Facebook auf meinen Hof

Immer wieder tauchte in einer Facebook-Gruppe ein Post auf: „Dringend Zuhause für ein Schwein gesucht. Ansonsten wird es geschlachtet.“


Zuerst habe ich die Beiträge überflogen, wie man das eben macht. Dann blieben sie häufiger in meinem Kopf hängen. Und irgendwann, nach Wochen des Wiedersehens, konnte ich nicht mehr weggucken. Immer wieder dieselbe Anzeige. Immer wieder der gleiche Hilferuf. Und ich spürte, wie in mir etwas ansprang: Dieser innere Drang, retten zu müssen.


Andere hätten vielleicht gedacht: „Jemand anderes wird sich schon kümmern.“ Aber in mir tobte sofort die Frage: „Und wenn nicht? Was, wenn ich jetzt nichts tue und dieses Schwein tatsächlich geschlachtet wird?“


Und so kam eins zum anderen. Ich hatte Kontakt zu der Frau aufgenommen, war hin- und hergerissen, wusste innerlich, dass es nicht unbedingt passt. Doch am Ende konnte ich nicht Nein sagen. Weil ich das Tier retten wollte. Weil ich die Frau nicht enttäuschen wollte. Weil ich die Verantwortung nicht an jemand anderen abgeben konnte.


Helfer-Syndrom: Wenn Retten zur Falle wird

Dass ich am Ende ein Schwein im Garten hatte, war nicht die Folge eines lang gehegten Plans, sondern ein Paradebeispiel für mein altes Muster: das Helfer-Syndrom.

Denn dieses Schwein ist nicht einfach nur ein Tier, das auf meinen Hof gezogen ist. Es ist ein Spiegel. Ein Spiegel meiner alten Muster, meiner Traumata – und meines tief sitzenden Helfer-Syndroms.


Menschen mit Helfer-Syndrom spüren oft eine tiefe Verantwortung für andere – ob Menschen oder Tiere. Sie haben Schwierigkeiten, Grenzen zu setzen und fühlen sich geradezu gezwungen, einzuspringen, wenn Hilfe gebraucht wird. Doch so edel es klingt, steckt dahinter oft eine Verletzung, ein Mangel oder ein Trauma.


Typische Merkmale sind:

  • Man sagt „Ja“, obwohl man innerlich „Nein“ meint.

  • Man fühlt sich für das Wohl anderer übermäßig verantwortlich.

  • Man hat Angst, andere zu enttäuschen.

  • Der eigene Wert hängt stark davon ab, gebraucht zu werden.


Genau das war bei mir der Fall. Ich konnte nicht Nein sagen. Ich wollte niemanden enttäuschen. Und ich fühlte mich nur dann richtig wertvoll, wenn ich retten, helfen oder einspringen konnte.


Woher kommt dieses Muster?

Das Helfer-Syndrom fällt nicht vom Himmel. Es hat tiefe Wurzeln – oft in der Kindheit

  1. Geringes Selbstwertgefühl

    Viele Betroffene glauben unbewusst: „Ich bin nur dann wertvoll, wenn ich etwas leiste oder wenn ich gebraucht werde.“ Hilfe geben wird zu einer Art Währung für Liebe und Anerkennung.


  2. Angst vor Ablehnung

    Wer als Kind erlebt hat, dass Zuneigung an Bedingungen geknüpft war, entwickelt häufig den Glaubenssatz: „Wenn ich es allen recht mache, werde ich geliebt.“ Grenzen setzen wirkt bedrohlich, weil es Ablehnung oder Streit bedeuten könnte.


  3. Traumatische Erfahrungen

    Nicht selten steht hinter dem Helfer-Syndrom ein Trauma. Manche Kinder mussten früh Verantwortung übernehmen, etwa weil die Eltern überfordert waren oder weil sie gelernt haben: „Nur wenn ich funktioniere, geht es den anderen gut.“ Dieses Muster prägt sich tief ein und wirkt im Erwachsenenalter weiter.


Warum Grenzen so schwerfallen

Grenzen setzen bedeutet, sich selbst an erste Stelle zu stellen. Für Menschen mit Helfer-Syndrom fühlt sich das aber oft wie Egoismus an. Doch in Wahrheit ist das Gegenteil der Fall: Nur wer gut für sich sorgt, kann auch gesund für andere da sein.


Ich habe lange gebraucht, das zu verstehen. Zu sagen: „Nein, das passt nicht zu mir“, bedeutete für mich früher, dass ich jemandem die Hilfe verweigere. Heute weiß ich: Ein Nein zu anderen ist manchmal ein Ja zu mir selbst.


Die Wahrheit über das Retten

Egal ob Mensch oder Tier: Wir können nicht jeden retten. Und wir sind auch nicht für alles verantwortlich. Retten klingt heroisch, aber oft steckt dahinter eine tiefe Angst – die Angst, selbst nicht genug zu sein.


Das Schwein auf meinem Hof ist für mich inzwischen ein liebevoller Lehrer. Es erinnert mich jeden Tag daran, dass Helfen zwar schön ist, aber nicht auf Kosten meiner eigenen Grenzen gehen darf. Dass ich Nein sagen darf. Und dass mein Wert nicht davon abhängt, ob ich rette oder nicht.


Wie du dein Helfer-Syndrom erkennst und heilst

Wenn du dich in meiner Geschichte wiedererkennst, bist du nicht allein. Viele Menschen tragen dieses Muster in sich. Die gute Nachricht: Es lässt sich verändern.


Einige erste Schritte können sein:

  1. Selbstwert stärken: Mach dir bewusst, dass du auch dann wertvoll bist, wenn du nichts „leistest“.

  2. Nein üben: Fang klein an. Sag Nein bei Kleinigkeiten und spüre, dass die Welt nicht untergeht.

  3. Grenzen definieren: Überlege, was für dich okay ist – und was nicht. Halte dich an deine eigenen Regeln.

  4. Reflektieren: Frage dich: Warum will ich gerade helfen? Aus Liebe – oder aus Angst, nicht genug zu sein?

  5. Unterstützung suchen: Coaching, Therapie oder Austausch mit Gleichgesinnten können helfen, alte Muster nachhaltig zu lösen.


Ein Schwein als Spiegel meiner Geschichte

Das Schwein auf meinem Hof ist für Außenstehende vielleicht einfach nur ein Tier. Für mich aber ist es ein Spiegel meiner Vergangenheit – und eine Erinnerung daran, dass Heilung möglich ist.


Das Helfer-Syndrom ist kein Charakterfehler, sondern eine Folge alter Verletzungen. Doch es ist möglich, diese Muster zu erkennen, zu verändern und gesunde Grenzen zu setzen.


Heute lerne ich jeden Tag ein Stück mehr, Nein zu sagen, ohne Schuldgefühle zu haben. Und ich erkenne: Mein Wert hängt nicht davon ab, wie viele ich rette. Ich bin genug – einfach so, wie ich bin.


Und das Schwein? Das grunzt zufrieden im Garten.


 
 
 

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